Dienstag, 12. August 2014

Hallo Welt,

meine Motorrad Tour durch die Türkei möchte ich etwas dokumentieren und dadurch auch viele über diesen Reiseblog teilhaben lassen. Ich hoffe es gelingt mir meine Erlebnisse einigermaßen in Wort und auch Bild beschreiben zu können.

Meine Initialzündung für diese Reise, kam vor ein paar Jahren, durch einen Erfahrungsbericht mit dem Titel: Fahr da blos nicht hin! Nach vielen Recherchen und Planungen, war ich nun endlich soweit, dass ich am 09.08.2014 starten konnte.
Leider kann mein Sohn Kai aus Terminverzwängungen nicht dabei sein. Mit ihm war auch diese Idee entstanden, dass wir als seine Studien - Abschlußfahrt diesen Riss durchziehen wollen.
Mein gesamtes Umfeld, insbesondere meine Lebenspartnerin, hatten zu meinem Soloturn, das auch noch mit Motorrad, ihre besondere Meinung. Auch mit Recht.
Mit viel Literatur und Gesprächen mit guten Freunden aus der Türkei und die sehr lange in der Türkei gewohnt haben, wurde mein Bild für die Reise immer klarer: Ich muss also überall hin.

Start: 09.08.2014  06:00 Uhr in Waldbronn-Reichenbach bei Karlsuhe.
Fahrt soll nach Villach gehen und von dort mit dem Autozug nach Edirne in der Türkei. Laut Reiseplan 36 Stunden. Fahrstrcke nach Villach:598 km. Wetter gewittrig 31°C sonnig.

Das ist mein gutes Stück...


und das bin ich!

Alla hopp – auf geht’s!

Von Frauke, meiner Herz Dame, war ich mit einer Horde Schutzengel  ausgestattet. So bin ich dann am Samstag 09.08.2014,  früh mit ca 2 h Verspätung gestartet. Während der langweiligen Autobahnfahrt musste ich wegen Müdigkeit öfters eine Kaffeepause einlegen. Die Sonne und schwüle Temperatur, haben mir unter der Motorradkleidung schwer zugesetzt. Die dunklen Wolken hinter mir trieben mich immer wieder an.
Der für mich neu angefertigte Motorradsitz hat noch ein Tag vor der Reise den letzten Schliff bekommen. Nach der ersten Tagesetappe hat er mich schon mal überzeugt. Mal sehen ob ich  auch am Ende der Reise noch zufrieden bin?
Gegen ca. 16:30 kam ich dann ohne Regenkontakt, am Verladebahnhof  Terminal 1 in Villach an.

Als ich das sah wollte ich das Terminal 2 nicht mal mehr sehen. Die Bahnhofsuhr stand auf 10:50 und der Rest war eindeutig: Hier ist die Zeit stehen geblieben. Zuerst dachte ich, ich bin falsch, denn die Bilder im Internet zeigten irgendwie von anderen Zügen und von einem andren Bahnhof.

Ab jetzt wurde alles wirklich spannend. Als erster sollte ich wegen meinem Motorrad verladen werden, das sei immer so mit den Motorrädern. Doch ich war der zweitletzte und einziges Motorrad, der auf diesen mehr als verrosteten Autozug drauffuhr. Die Verlademeisterin, wies mich an auf die Löcher im Boden, die Ölflecken und die Überfahrblechen links und rechts, acht zu geben. Die Verzurr – Aktion meiner GS verlief reibungslos. Die ich natürlich mit Argusaugen beobachtete.

Mit meinen Habseligkeiten, in Tankrucksack zwei Stofftaschen und Helm, die ich für 36 h Zugfahrt brauche, lief ich in Richtung Wagon 2 von drei. Im Wagon 1 ist das Restaurant. Ich kann euch sagen, hier hat einer massiv an der Uhr gedreht. Strom für Handy laden oder Wifi ist schlicht und ergreifend nicht möglich. Bei gutem Kontakt zum „Zugbegleiter“ kann man sein Handy samt Ladekabel an seinem Büroplatz im Speisewagen zum Laden abgeben. War ok.

Was ich dann als erstes gelernt habe: Wenn der Zug steht, die Toilette auf keinen Fall benutzen.

Kurz nach Abfahrt war im ganzen Wagon ein vordringlich intensives Geruchsintermezzo aus mitgebrachtem Essen. Die Toilette und Nasszelle direkt neben meinem Abteil unterstütze diesen Flurdunst. Mit ein paar Tricks konnten wir die Flurfenster offen halten. Die Innenraumtemperatur hielt die Sehnsucht nach einer amerikanischen Klimatisierung am Leben.
Aufkleber für Rauchverbot ist an jeder Tür angebracht. Aber die müssen eine andere Bedeutung haben. Das gleiche gilt für die Aufforderung: „Bitte Ruhe behalten“ oder das Symbol der „ durchgestrichene Gaskocher“.



Gegen ca. 22:30, so glaub ich, hat sich im ganzen Waggon herumgesprochen: Der Deutsche von Abteil 10 will mit dem Motorrad zum Ararat. Haci mein Abteilgenosse war für die Promotion verantwortlich. Die vielen Tipps bezgl. Essen, Straßenverkehr, Sehenswürdigkeiten konnte ich gar nicht alle aufnehmen. Teilweise haben die Kollegen auf Türkisch, auf mich eingeredet. Meine Mitbewohner von Abteil 10 (Erdal, Hüseyin und Haci) haben fleißig übersetzt. Dies setzte sich über die ganze Zugreise fort. Andauernd brachte Haci mir einen türkischen Kollegen ins Abteil oder Speisewagen, von dem er glaubte, dass dieser mir wertvolle Tipps aus den unterschiedlichen Regionen, geben kann. Natürlich war jeder Hinweis wertvoll und die ganze sowieso sehr unterhaltsam. Die viele Einladungen zu kommen und mit deren Familien Essen und Trinken, Quartier inclusive, konnte ich gar nicht zusagen geschweige annehmen.

Übrigens, Hüseyin ist vor 20 Jahren mit dem Zug 141 zum ersten Mal gefahren, damals hatte er schon gedacht: “Was ist denn das für altes Fuhrwerk“.
In der Nasszelle hatte ich den Hahn oder Knopf für das Wasser nicht gefunden. Haci hat zu mir gesagt: „ He du musst mit Fuß pumpen, wie im Flugzeug“! He was???  Ich hab ihn gefragt: „He Haci, wann bist du das letzte mal geflogen“?  Der Pedalhub war übrigens mindestens 15 bis 20 cm und das  5-7 mal bis Wasser kam.

Gegen 01:45 wurden alle vom Personal offiziell geweckt, also diesmal nicht von Mücken, Gerüchen oder Schnarchgeräusche, sondern Passkontrolle Slowenien. Was die Zöllner wohl denken und fühlen, wenn sie aus der frischen Luft kommend in so einen Pumakäfig müssen? Trotz offener Abteil-Schiebetüren?
Am Morgen wurde mir glaubhaft versichert, dass einzelne Schnarchstimmen  in diesem gesamtheitlichen Ensemble, sozusagen unter gingen.

Gegen 07:15 wieder Info zur Passkontrolle, Kroation-Serbien. Hier bekam ich meinen 1. Stempel auf dieser Reise.
Öfters hält der Zug, Wartegleise oder Passkontrolle. Ist eigentlich wie ein Ruhemoment, es schaukelt, wackelt und klappert nichts. Bei dem Anhaltevorgang ist allgemein spürbar, wie die Fahrgäste gespannt sind, wann nach den ohrenbetäubenden Quietschgeräuschen auch eine gewisse Verzögerung sich bemerkbar macht.

Wenn ich bei den Stops aus dem Fenster schaue, erinnert mich das alles an eine alte Filmkulisse. Alte Industrieanlagen, verwaiste Bahngebäude, verrostete Türme und Gestelle sowie vergammelte und überwucherte Gleise. Hin und wieder Ansätze von PKW Schrottplätze.
 Gedanklich bin ich bei meiner GS und hoffe, sie übersteht die ganze Zugfahrt. Wenn wir bald wieder zusammen sind, kann ja ich wieder auf sie aufpassen.

Die Mücken im Zug vermehren sich merklich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass irgendwo im oder am Zug noch ein Stück von einem Kuhstall mitfährt. Die Tür zum Flur zu schließen, um dass der Speisewagen etwas verschont bleibt, ist für die Mitreisenden eine unlösbare Aufgabe! Aushalten ist angesagt.

Auf der übersichtlichen Speisekarte habe ich das Frühstück(4€ +Kaffee 1€) gewählt und auch gleich einen Kurzlehrgang bekommen, wie ich das alles zu essen habe. War wirklich gut.
Erdal ging es am Morgen nicht so gut. Er hat sich dann zum Frühstück, für eine dünnere Linsensuppe entschieden.
In dem Speisewagen haben die türkischen Familien nochmal richtig ausgepackt, was natürlich erlaubt ist.
Ich war nur am Staunen, von Gebäck, Käse, Eingemachtes, Marmelade, Honig und natürlich eine Vielfalt an Gemüse, war alles dabei.
Teilweise kam ich nicht um ein „Versucherle“ herum. Natürlich bestes Gemüse aus deutschem/österreichischem Garten mit türkischer Hand gesät und gepflückt.



Im Speisewagen in dem natürlich kräftig geraucht wird, setzen sich angeregte Unterhaltungen durch. Brettspiele, Buch lesen sind ebenfalls zwischen Jung und Alt vertreten. Einer schreibt sogar schwitzend seine Reisedoku und ist ständig am Mücken abwehren.

Die Fahrt durch Serbien ist landschaftlich nicht besonders interessant. Ländlich bäuerliche Regionen an den Schienen entlang. Alte zerfallene Häuschen oder vielleicht  noch aus Kriegszeiten zerstört und verlassen.  Auch viele desolate und verkommene Industrieanlagen. Ab und zu ein paar Siedlungen mit sehr viel angefangenen Wohnhäuser und Anbauten.

Im Zug wird es zur echten Härteprüfung: Hitze, Enge, Mief, Klappern, und engagierte Unterhaltungen permanent. Es wird immer mehr zu einer Erfahrung die ich nicht missen wollte aber auf keinen Fall wiederholen möchte. Trotz all diesen Widrigkeiten hab ich die Reisegesellschaft, ob alt oder jung, weiblich oder männlich, als sehr angenehm empfunden. Und ich war absolut integriert.

In der Ortschaft Nis / Serbien (Nisch) wurde teilweise das Personal ausgewechselt. Abfall entsorgt, Frischwasser getankt. Zwei Herren kontrollieren mittels Hammerschlag (Klangprobe) die Waggonräder mit einem kleinen Hammer an einem langen Stiel. Aussteigen ist während der ganzen Reise untersagt.
Wegen der kommenden Bergstrecke und vielen Tunnels wurde die Lok von E-Antrieb auf Diesel gewechselt. Der Lok Tausch war dann zu hören und zu riechen. Im Besonderen in den vielen Tunnels. Schließlich ist so ziemlich jedes Fenster, das funktioniert, auch geöffnet.

Um 19:30 hält der Zug an der Grenze Serbien => Passkontrolle. Alle Reisende müssen in ihre Quartiere bis die Kontrolle vorbei ist. Erstmal Serbien Ausreise, dann um 20:00 Weiterfahrt zur bulgarischen Grenze ca. 20:15. Zug hält, passieren tut nichts. Der unbeleuchtete Schienen –Grenzposten beibt regungslos. Ein Hoch auf die EU! Im inneren ist erkennbar dass jemand im Halbdunkel, TV sieht. Es bewegt sich jemand um das Fenster zu schließen. Wir verharren in unseren „Abteils“. Mittlerweile wurde eine Außenbeleuchtung eingeschaltet. Neben uns reiht sich ein weiterer Zug aus der Gegenrichtung ein. 20:40 kein Zöllner in Sicht.

Verrückt klein ist die Welt. Ich komme, natürlich zufällig, mit einem jungen Mann aus dem anderen Zug ins Gespräch. Es war der Gregor! „Hei wo kommst du denn her mit deinem Dialekt“? fragt er mich. Es stellte sich heraus, dass wir im wirklichen Leben ca. vier Kilometer voneinander weg wohnen. Wir haben uns für Ende September im Vogelbräu Ettlingen verabredet. Adressen oder Telefonnummern haben wir keine ausgetauscht. Der Zufall soll es regeln. An der bulgarischen Grenze jemand aus der badischen Heimat zu treffen (ca 4m Zugabstand) und sich zu freuen, war auch ein besonderes Gefühl.

Wie meine türkische Reisegesellschaft es voraus gesagt hatte, wurde der andere Zug der später kam, zuerst kontrolliert. So wie mir Gregor erzählt hat, kamen sie aus Sofia und wollen weiter nach Zagreb. So wie er einschätzte fast alle Reisende aus Westeuropa und einige Engländer. Die bulgarischen Zöllner kontrollierten im Zug durch und waren fertig zur Abfahrt.
Nun auch wie die Vorhersage, wurden die türkischen Pässe eingesammelt. Die Türken dürfen hier immer länger warten. Muss wohl ein besonderer Bonus sein!  Meinen Pass durfte ich behalten. Nach gewohnt angemessener Zeit wurden die Pässe vom Zugpersonal zurückgebracht.

Ein Stoßgebet für eine kühle Dusche!

Nach 30 min Zugfahrt, wieder anhalten an der türkischen Grenze. Nun hieß es alle aussteigen zur Passkontrolle am Polizeischalter. Nur der Polizeischalter war nicht besetzt! Also warten und aushalten.
Der Grund für den unbesetzten Posten war anscheinend, der Zug sollte ja deutlich früher hier sein. Also kein Zug, demnach gibt’s nichts zu kontrollieren, ergo Zöllner geht wieder.
Türkische Zöllner wurden also neu mobilisiert und tauchten nach einer dreiviertel Stunde wieder auf.



Also alla hopp, weiter geht’s.

Nach einer weiteren 30 minutigen Zugfahrt waren wir in am Zielbahnhof Edirne. Ein Hoch auf die Bahn.
Obwohl sehr viele Türken sehr oft diese Bahnfahrt machen, muss es doch jedes Mal wie auch dieses Mal, etwas anderes sein. Ich stellte mich mal mit meinen Habseligkeiten auf die Seite. Sobald ich einen Vorgang oder eine Reihenfolge erkenne, mische ich wieder mit.
Zu klären war auf jeden Fall dass mein Fahrzeug in mein Pass eingetragen wird, dass ich in der Türkei mittels Grüner Versicherungskarte (TR) auch versichert bin. Dazu musste ich wieder alles abgeben (Pass, KFZ-Schein und Grüne VK). Bei solchen Abgabeszenarien verändert sich immer automatisch mein Ruhepuls. Das Warten auf die Pass – Rückgabe musste unterbrochen werden, da die Fzge. jetzt unbedingt abgeladen werden müssen.

Als ich dann mit Unterstützung die Abladelisten verstanden habe, ging ich dann hoffentlich auf die richtige Entladerampe und schlängelte ich mich dann zu meinem Motorrad durch. War ja schließlich ganz hinten.

Wieder bekam ich den Hinweis auf die Löcher und Überfahrbleche zu achten. Bedankte mich höflich für die hilfreichen Tipps und war froh meine GS in heilem Zustand mit Restgepäck wieder zu sehen. „ So jetzt trennen wir uns nicht mehr, stieg auf und läutete das Engelsrufer-Glöcklein“ Alla auf gehts.

Nach den abflachenden Wirren, bekam ich dann in einer Menschentraube, meine Papiere wieder und hab mich gleich für die Autobahn –Maut-Karte bei HGS in die Schlange eingereiht und registrieren lassen. So nun noch die Fahrzeug Zollkontrolle. Ich schummelte mich an der drei reihigen Schlange vor und fragte den Vordersten ob er dafür Verständnis hätte, dass ich aus der Sonne komme. Es war mittlerweile der Montag 11.08.2014 um 13:30 (türkische Zeit 1 h später) und 34°C im Anzeigeinstrument. Wieder bekam ich einen Stempel in den Pass den ich auch noch selbst signieren durfte. Per Handschlag wurde ich dann verabschiedet und habe auf das Anbringen eines türkischen Wimpels an mein Motorrad, verzichtet.

Mit Hilfe meines aktualisierten und bewährten Navi (Garmin ZUMO 550) wurde ich auf den richtigen Weg nach Istanbul geleitet. Rush hour  oder sowas in Istanbul und ich mitten drin. Prost Mahlzeit und der Sprit wird knapp. Mein Puls hat sich in kürzester Zeit auf maximalen Betriebsstatus eingestellt. Keine Beschreibung des Verkehrs in Istanbul war von meinen Mitreisenden übertrieben. „Hey Bruder, du musst überall Augen haben und zwar gleichzeitig“ sagte Hüseyin zu mir. „Wie ich bin allein“.“ Kopf drehen wie Karussell oder so“. Ich habe ja schon den Straßenverkehr in Neapel, Los Angeles, Sao Pulo, Johannesburg erlebt, nur um einige Highlights zu nennen. Aber das hier steht in keinem etwas hinter her. Ich glaube, die hier schießen den Vogel ab.
Das Hupen hier, kann ja nicht wie bei uns in Old Germany bedeuten: „Achtung Achtung. Geh auf die Seite“. Sondern ich vermute, die Hupenden hier wollen zum Ausdruck bringen, dass sie alle da sind!

Mit körperlicher maximaler Betriebstemperatur, habe ich mit wenig Umweg tatsächlich das kleine schnuckelige Hotel „Rumours Inn“ in der Altstadt von Istanbul gefunden!

Nach check in, dem Versorgen von Motorrad und Gepäck, ab in die Dusche! Der Hunger trieb mich nach gefühlt 60 Min wieder aus der Dusche!
Das erste Efes-Pils war ein Hochgenuss.

1 Kommentar:

  1. Sehr interessante Tour und sehr abenteuerlich. Ich glaube, dass Sie viele schöne Orte gesehen haben und Sie eine Menge schöne Erinnerungen haben. In Kroatien, Bosnien und Serbien, es gibt viele schöne Städte und Natur sehenswert.

    AntwortenLöschen