meine Motorrad Tour durch die Türkei möchte ich etwas dokumentieren und dadurch auch viele über diesen Reiseblog teilhaben lassen. Ich hoffe es gelingt mir meine Erlebnisse einigermaßen in Wort und auch Bild beschreiben zu können.
Meine Initialzündung für diese Reise, kam vor ein paar Jahren, durch einen Erfahrungsbericht mit dem Titel: Fahr da blos nicht hin! Nach vielen Recherchen und Planungen, war ich nun endlich soweit, dass ich am 09.08.2014 starten konnte.
Leider kann mein Sohn Kai aus Terminverzwängungen nicht dabei sein. Mit ihm war auch diese Idee entstanden, dass wir als seine Studien - Abschlußfahrt diesen Riss durchziehen wollen.
Mein gesamtes Umfeld, insbesondere meine Lebenspartnerin, hatten zu meinem Soloturn, das auch noch mit Motorrad, ihre besondere Meinung. Auch mit Recht.
Mit viel Literatur und Gesprächen mit guten Freunden aus der Türkei und die sehr lange in der Türkei gewohnt haben, wurde mein Bild für die Reise immer klarer: Ich muss also überall hin.
Start: 09.08.2014 06:00 Uhr in Waldbronn-Reichenbach bei Karlsuhe.
Fahrt soll nach Villach gehen und von dort mit dem Autozug nach Edirne in der Türkei. Laut Reiseplan 36 Stunden. Fahrstrcke nach Villach:598 km. Wetter gewittrig 31°C sonnig.
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Das ist mein gutes Stück... |
und das bin ich! |
Alla hopp – auf geht’s!
Von Frauke,
meiner Herz Dame, war ich mit einer Horde Schutzengel ausgestattet. So bin ich dann am Samstag 09.08.2014,
früh mit ca 2 h Verspätung gestartet. Während
der langweiligen Autobahnfahrt musste ich wegen Müdigkeit öfters eine Kaffeepause
einlegen. Die Sonne und schwüle Temperatur, haben mir unter der Motorradkleidung
schwer zugesetzt. Die dunklen Wolken hinter mir trieben mich immer wieder an.
Der für mich
neu angefertigte Motorradsitz hat noch ein Tag vor der Reise den letzten
Schliff bekommen. Nach der ersten Tagesetappe hat er mich schon mal überzeugt.
Mal sehen ob ich auch am Ende der Reise
noch zufrieden bin?
Gegen ca.
16:30 kam ich dann ohne Regenkontakt, am Verladebahnhof Terminal 1 in Villach an.
Als ich das
sah wollte ich das Terminal 2 nicht mal mehr sehen. Die Bahnhofsuhr stand auf
10:50 und der Rest war eindeutig: Hier ist die Zeit stehen geblieben. Zuerst
dachte ich, ich bin falsch, denn die Bilder im Internet zeigten irgendwie von
anderen Zügen und von einem andren Bahnhof.
Ab jetzt
wurde alles wirklich spannend. Als erster sollte ich wegen meinem Motorrad
verladen werden, das sei immer so mit den Motorrädern. Doch ich war der
zweitletzte und einziges Motorrad, der auf diesen mehr als verrosteten Autozug
drauffuhr. Die Verlademeisterin, wies mich an auf die Löcher im Boden, die
Ölflecken und die Überfahrblechen links und rechts, acht zu geben. Die Verzurr
– Aktion meiner GS verlief reibungslos. Die ich natürlich mit Argusaugen
beobachtete.
Mit meinen
Habseligkeiten, in Tankrucksack zwei Stofftaschen und Helm, die ich für 36 h Zugfahrt
brauche, lief ich in Richtung Wagon 2 von drei. Im Wagon 1 ist das
Restaurant. Ich kann
euch sagen, hier hat einer massiv an der Uhr gedreht. Strom für Handy laden oder Wifi ist schlicht und
ergreifend nicht möglich. Bei gutem Kontakt zum „Zugbegleiter“ kann man sein
Handy samt Ladekabel an seinem Büroplatz im Speisewagen zum Laden abgeben. War
ok.
Was ich dann
als erstes gelernt habe: Wenn der Zug steht, die Toilette auf keinen Fall
benutzen.
Kurz nach
Abfahrt war im ganzen Wagon ein vordringlich intensives Geruchsintermezzo aus mitgebrachtem
Essen. Die Toilette und Nasszelle direkt neben meinem Abteil unterstütze diesen
Flurdunst. Mit ein paar Tricks konnten wir die Flurfenster offen halten. Die
Innenraumtemperatur hielt die Sehnsucht nach einer amerikanischen
Klimatisierung am Leben.
Aufkleber
für Rauchverbot ist an jeder Tür angebracht. Aber die müssen eine andere
Bedeutung haben. Das gleiche gilt für die Aufforderung: „Bitte Ruhe behalten“
oder das Symbol der „ durchgestrichene Gaskocher“.
Gegen ca.
22:30, so glaub ich, hat sich im ganzen Waggon herumgesprochen: Der Deutsche
von Abteil 10 will mit dem Motorrad zum Ararat. Haci mein Abteilgenosse war für
die Promotion verantwortlich. Die vielen Tipps bezgl. Essen, Straßenverkehr,
Sehenswürdigkeiten konnte ich gar nicht alle aufnehmen. Teilweise haben die
Kollegen auf Türkisch, auf mich eingeredet. Meine Mitbewohner von Abteil 10
(Erdal, Hüseyin und Haci) haben fleißig übersetzt. Dies setzte sich über die
ganze Zugreise fort. Andauernd brachte Haci mir einen türkischen Kollegen ins
Abteil oder Speisewagen, von dem er glaubte, dass dieser mir wertvolle Tipps
aus den unterschiedlichen Regionen, geben kann. Natürlich war jeder Hinweis
wertvoll und die ganze sowieso sehr unterhaltsam. Die viele Einladungen zu
kommen und mit deren Familien Essen und Trinken, Quartier inclusive, konnte ich
gar nicht zusagen geschweige annehmen.
Übrigens,
Hüseyin ist vor 20 Jahren mit dem Zug 141 zum ersten Mal gefahren, damals hatte
er schon gedacht: “Was ist denn das für altes Fuhrwerk“.
In der
Nasszelle hatte ich den Hahn oder Knopf für das Wasser nicht gefunden. Haci hat
zu mir gesagt: „ He du musst mit Fuß pumpen, wie im Flugzeug“! He was??? Ich hab ihn gefragt: „He Haci, wann bist du
das letzte mal geflogen“? Der Pedalhub
war übrigens mindestens 15 bis 20 cm und das
5-7 mal bis Wasser kam.
Gegen 01:45
wurden alle vom Personal offiziell geweckt, also diesmal nicht von Mücken,
Gerüchen oder Schnarchgeräusche, sondern Passkontrolle Slowenien. Was die Zöllner
wohl denken und fühlen, wenn sie aus der frischen Luft kommend in so einen
Pumakäfig müssen? Trotz offener Abteil-Schiebetüren?
Am Morgen
wurde mir glaubhaft versichert, dass einzelne Schnarchstimmen in diesem gesamtheitlichen Ensemble, sozusagen
unter gingen.
Gegen 07:15
wieder Info zur Passkontrolle, Kroation-Serbien. Hier bekam ich meinen 1.
Stempel auf dieser Reise.
Öfters hält
der Zug, Wartegleise oder Passkontrolle. Ist eigentlich wie ein Ruhemoment, es
schaukelt, wackelt und klappert nichts. Bei dem Anhaltevorgang ist allgemein
spürbar, wie die Fahrgäste gespannt sind, wann nach den ohrenbetäubenden Quietschgeräuschen
auch eine gewisse Verzögerung sich bemerkbar macht.
Wenn ich bei
den Stops aus dem Fenster schaue, erinnert mich das alles an eine alte
Filmkulisse. Alte Industrieanlagen, verwaiste Bahngebäude, verrostete Türme und
Gestelle sowie vergammelte und überwucherte Gleise. Hin und wieder Ansätze von
PKW Schrottplätze.
Gedanklich bin ich bei meiner GS und hoffe,
sie übersteht die ganze Zugfahrt. Wenn wir bald wieder zusammen sind, kann ja
ich wieder auf sie aufpassen.
Die Mücken
im Zug vermehren sich merklich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich
behaupten, dass irgendwo im oder am Zug noch ein Stück von einem Kuhstall
mitfährt. Die Tür zum Flur zu schließen, um dass der Speisewagen etwas
verschont bleibt, ist für die Mitreisenden eine unlösbare Aufgabe! Aushalten
ist angesagt.
Auf der
übersichtlichen Speisekarte habe ich das Frühstück(4€ +Kaffee 1€) gewählt und
auch gleich einen Kurzlehrgang bekommen, wie ich das alles zu essen habe. War
wirklich gut.
Erdal ging
es am Morgen nicht so gut. Er hat sich dann zum Frühstück, für eine dünnere
Linsensuppe entschieden.
In dem
Speisewagen haben die türkischen Familien nochmal richtig ausgepackt, was
natürlich erlaubt ist.
Ich war nur
am Staunen, von Gebäck, Käse, Eingemachtes, Marmelade, Honig und natürlich eine
Vielfalt an Gemüse, war alles dabei.
Teilweise
kam ich nicht um ein „Versucherle“ herum. Natürlich bestes Gemüse aus deutschem/österreichischem
Garten mit türkischer Hand gesät und gepflückt.
Im
Speisewagen in dem natürlich kräftig geraucht wird, setzen sich angeregte
Unterhaltungen durch. Brettspiele, Buch lesen sind ebenfalls zwischen Jung und Alt
vertreten. Einer schreibt sogar schwitzend seine Reisedoku und ist ständig am
Mücken abwehren.
Die Fahrt
durch Serbien ist landschaftlich nicht besonders interessant. Ländlich
bäuerliche Regionen an den Schienen entlang. Alte zerfallene Häuschen oder
vielleicht noch aus Kriegszeiten
zerstört und verlassen. Auch viele desolate
und verkommene Industrieanlagen. Ab und zu ein paar Siedlungen mit sehr viel
angefangenen Wohnhäuser und Anbauten.
Im Zug wird
es zur echten Härteprüfung: Hitze, Enge, Mief, Klappern, und engagierte
Unterhaltungen permanent. Es wird immer mehr zu einer Erfahrung die ich nicht
missen wollte aber auf keinen Fall wiederholen möchte. Trotz all diesen
Widrigkeiten hab ich die Reisegesellschaft, ob alt oder jung, weiblich oder
männlich, als sehr angenehm empfunden. Und ich war absolut integriert.
In der
Ortschaft Nis / Serbien (Nisch) wurde teilweise das Personal ausgewechselt.
Abfall entsorgt, Frischwasser getankt. Zwei Herren kontrollieren mittels
Hammerschlag (Klangprobe) die Waggonräder mit einem kleinen Hammer an einem
langen Stiel. Aussteigen ist während der ganzen Reise untersagt.
Wegen der
kommenden Bergstrecke und vielen Tunnels wurde die Lok von E-Antrieb auf Diesel
gewechselt. Der Lok Tausch war dann zu hören und zu riechen. Im Besonderen in
den vielen Tunnels. Schließlich ist so ziemlich jedes Fenster, das
funktioniert, auch geöffnet.
Um 19:30
hält der Zug an der Grenze Serbien => Passkontrolle. Alle Reisende müssen in
ihre Quartiere bis die Kontrolle vorbei ist. Erstmal Serbien Ausreise, dann um
20:00 Weiterfahrt zur bulgarischen Grenze ca. 20:15. Zug hält, passieren tut
nichts. Der unbeleuchtete Schienen –Grenzposten beibt regungslos. Ein Hoch auf
die EU! Im inneren ist erkennbar dass jemand im Halbdunkel, TV sieht. Es bewegt
sich jemand um das Fenster zu schließen. Wir verharren in unseren „Abteils“.
Mittlerweile wurde eine Außenbeleuchtung eingeschaltet. Neben uns reiht sich
ein weiterer Zug aus der Gegenrichtung ein. 20:40 kein Zöllner in Sicht.
Verrückt
klein ist die Welt. Ich komme, natürlich zufällig, mit einem jungen Mann aus
dem anderen Zug ins Gespräch. Es war der Gregor! „Hei wo kommst du denn her mit
deinem Dialekt“? fragt er mich. Es stellte sich heraus, dass wir im wirklichen
Leben ca. vier Kilometer voneinander weg wohnen. Wir haben uns für Ende
September im Vogelbräu Ettlingen verabredet. Adressen oder Telefonnummern haben
wir keine ausgetauscht. Der Zufall soll es regeln. An der bulgarischen Grenze
jemand aus der badischen Heimat zu treffen (ca 4m Zugabstand) und sich zu freuen,
war auch ein besonderes Gefühl.
Wie meine
türkische Reisegesellschaft es voraus gesagt hatte, wurde der andere Zug der
später kam, zuerst kontrolliert. So wie mir Gregor erzählt hat, kamen sie aus
Sofia und wollen weiter nach Zagreb. So wie er einschätzte fast alle Reisende
aus Westeuropa und einige Engländer. Die bulgarischen Zöllner kontrollierten im
Zug durch und waren fertig zur Abfahrt.
Nun auch wie
die Vorhersage, wurden die türkischen Pässe eingesammelt. Die Türken dürfen
hier immer länger warten. Muss wohl ein besonderer Bonus sein! Meinen Pass durfte ich behalten. Nach gewohnt
angemessener Zeit wurden die Pässe vom Zugpersonal zurückgebracht.
Ein
Stoßgebet für eine kühle Dusche!
Nach 30 min
Zugfahrt, wieder anhalten an der türkischen Grenze. Nun hieß es alle aussteigen
zur Passkontrolle am Polizeischalter. Nur der Polizeischalter war nicht
besetzt! Also warten und aushalten.
Der Grund
für den unbesetzten Posten war anscheinend, der Zug sollte ja deutlich früher
hier sein. Also kein Zug, demnach gibt’s nichts zu kontrollieren, ergo Zöllner
geht wieder.
Türkische Zöllner
wurden also neu mobilisiert und tauchten nach einer dreiviertel Stunde wieder
auf.
Also alla
hopp, weiter geht’s.
Nach einer
weiteren 30 minutigen Zugfahrt waren wir in am Zielbahnhof Edirne. Ein Hoch auf
die Bahn.
Obwohl sehr
viele Türken sehr oft diese Bahnfahrt machen, muss es doch jedes Mal wie auch dieses
Mal, etwas anderes sein. Ich stellte mich mal mit meinen Habseligkeiten auf die
Seite. Sobald ich einen Vorgang oder eine Reihenfolge erkenne, mische ich wieder
mit.
Zu klären
war auf jeden Fall dass mein Fahrzeug in mein Pass eingetragen wird, dass ich
in der Türkei mittels Grüner Versicherungskarte (TR) auch versichert bin. Dazu
musste ich wieder alles abgeben (Pass, KFZ-Schein und Grüne VK). Bei solchen
Abgabeszenarien verändert sich immer automatisch mein Ruhepuls. Das Warten auf
die Pass – Rückgabe musste unterbrochen werden, da die Fzge. jetzt unbedingt
abgeladen werden müssen.
Als ich dann
mit Unterstützung die Abladelisten verstanden habe, ging ich dann hoffentlich
auf die richtige Entladerampe und schlängelte ich mich dann zu meinem Motorrad
durch. War ja schließlich ganz hinten.
Wieder bekam
ich den Hinweis auf die Löcher und Überfahrbleche zu achten. Bedankte mich
höflich für die hilfreichen Tipps und war froh meine GS in heilem Zustand mit
Restgepäck wieder zu sehen. „ So jetzt trennen wir uns nicht mehr, stieg auf
und läutete das Engelsrufer-Glöcklein“ Alla auf gehts.
Nach den abflachenden
Wirren, bekam ich dann in einer Menschentraube, meine Papiere wieder und hab
mich gleich für die Autobahn –Maut-Karte bei HGS in die Schlange eingereiht und
registrieren lassen. So nun noch die Fahrzeug Zollkontrolle. Ich schummelte
mich an der drei reihigen Schlange vor und fragte den Vordersten ob er dafür
Verständnis hätte, dass ich aus der Sonne komme. Es war mittlerweile der Montag
11.08.2014 um 13:30 (türkische Zeit 1 h später) und 34°C im Anzeigeinstrument. Wieder
bekam ich einen Stempel in den Pass den ich auch noch selbst signieren durfte.
Per Handschlag wurde ich dann verabschiedet und habe auf das Anbringen eines
türkischen Wimpels an mein Motorrad, verzichtet.
Mit Hilfe
meines aktualisierten und bewährten Navi (Garmin ZUMO 550) wurde ich auf den
richtigen Weg nach Istanbul geleitet. Rush hour oder sowas in Istanbul und ich mitten drin.
Prost Mahlzeit und der Sprit wird knapp. Mein Puls hat sich in kürzester Zeit
auf maximalen Betriebsstatus eingestellt. Keine Beschreibung des Verkehrs in
Istanbul war von meinen Mitreisenden übertrieben. „Hey Bruder, du musst überall
Augen haben und zwar gleichzeitig“ sagte Hüseyin zu mir. „Wie ich bin allein“.“
Kopf drehen wie Karussell oder so“. Ich habe ja schon den Straßenverkehr in
Neapel, Los Angeles, Sao Pulo, Johannesburg erlebt, nur um einige Highlights zu
nennen. Aber das hier steht in keinem etwas hinter her. Ich glaube, die hier
schießen den Vogel ab.
Das Hupen
hier, kann ja nicht wie bei uns in Old Germany bedeuten: „Achtung Achtung. Geh
auf die Seite“. Sondern ich vermute, die Hupenden hier wollen zum Ausdruck
bringen, dass sie alle da sind!
Mit körperlicher
maximaler Betriebstemperatur, habe ich mit wenig Umweg tatsächlich das kleine
schnuckelige Hotel „Rumours Inn“ in der Altstadt von Istanbul gefunden!
Nach check
in, dem Versorgen von Motorrad und Gepäck, ab in die Dusche! Der Hunger trieb
mich nach gefühlt 60 Min wieder aus der Dusche!
Das erste Efes-Pils war ein Hochgenuss.
Sehr interessante Tour und sehr abenteuerlich. Ich glaube, dass Sie viele schöne Orte gesehen haben und Sie eine Menge schöne Erinnerungen haben. In Kroatien, Bosnien und Serbien, es gibt viele schöne Städte und Natur sehenswert.
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